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Louis Taubert Interview – Keine laufende Werbefigur

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Auch ohne dass er länger den Titel des Deutschen Meisters trägt ist allgemein bekannt, dass Louis Taubert einer der Besten ist, die hierzulande auf einem Brett rumrollen. Deshalb freuen wir uns auch besonders, morgen seinen neuen Volcom Part präsentieren zu dürfen. Drei Jahre hat sich Louis dafür Zeit genommen. Old School. Er stresst sich nämlich nicht mehr so wie früher, geht lieber surfen und scheint ganz in sich zu ruhen. Sehr entspannt war deshalb auch der Spaziergang durch Köln, bei dem wir uns mit ihm unterhalten haben.

Hey Louis, man hat eine Weile wenig von dir gehört. Was war los?

Also ich war schon filmen und Fotos machen, aber ich wollte ein paar Projekte starten, die etwas längerfristig sind und den Leuten länger im Gedächtnis bleiben. Etwa auf ein Interview hinarbeiten, statt immer nur einzelne Fotos abzuliefern… Ich habe das Gefühl, dass es bei mir eine Zeit Lang viel so war und ich find es besser, wenn alles in einem Part kommt.

In Zeiten von Instagram passt das ja optimal…

Perfekte Zeit ausgesucht. [lacht] Ja, das ist total krass wieviel Output es gibt, aber gerade dann ist es cool, den alten Weg zu gehen, mit wirklichen Parts… Sich mal zwei, drei Jahre Zeit nehmen und das ein bisschen cooler gestalten. Wenn ich mir andere Parts anschaue, dann ist das so Overdose, irgendwie muss es was Besonderes sein.

Louis Taubert Interview

Ich habe tatsächlich vor ein paar Tagen gedacht: Was macht eigentlich Louis? Dann kam plötzlich der Part an und da freut man sich dann doppelt, wenn man sowas sieht.

Ich glaube, das ist dann auch ein ganz anderer Effekt, wenn man lange nichts gehört hat und auf einmal wieder was sieht und weiß: Der hat ja doch was gemacht. Man muss das ja nicht so nach außen tragen, man ist ja keine laufende Werbefigur. Ich habe da auch viel an meiner Einstellung geändert. Mittlerweile mache ich mir da gar nicht mehr so krass Stress. Ich hab mir eine Zeit lang heftig selbst Druck gemacht und dann verliert Skaten ein bisschen seinen Wert, sodass man es nur noch als Job sieht und nur noch moshen geht, um es den Sponsoren recht zu machen. Es ist drei Jahre her, dass ich angefangen habe zu filmen und da sind ein paar Tricks drin, die ich heute nicht mehr so machen würde, doch mit der restlichen Footage ergibt es ein cooles Ganzes. Es ist eher so entstanden weil ich voll Bock hatte die Lines zu filmen und es war mir egal, was irgendwer darüber denken könnte. Ich glaube, das ist ein wichtiger Prozess, den man durchmacht, wenn man schon so lange am Start ist.

"Man ist ja keine laufende Werbefigur"

Warum hat es denn drei Jahre gedauert?

Das lag ein bisschen daran, dass Severin [Strauss, Anm. d. Red.] ja in Düsseldorf wohnt. Er hat mich auch in Berlin besucht, aber es waren halt tausende Trips, die wir zusammen gemacht haben. Die Footage haben wir einfach addiert, uns dann aber ein Dreivierteljahr nicht gesehen und das ist dann halt so eine Sache. Dann kommt er und dann musst du in ein paar Tagen auch funktionieren. Da ist das eben schwierig, sowas in einem halben Jahr fertig zu filmen. Aber ich finde es cool, dass es jetzt geklappt hat und Severin sich währenddessen auch als Filmer weiterentwickelt hat. Man sieht die Unterschiede im Part, aber irgendwie finde ich das gerade interessant, dass sich da so eine Wandlung vollzieht in meinem Skaten, aber auch in seinem Filmen.

Louis Taubert Interview

Hat es dich denn auch beeinflusst, dass du dich während der Zeit mehr auf dein Studium fokussiert und Sachen mit Pigeon Plan gemacht hast?

Ja, das spielt natürlich auch eine Rolle und das zeigt mir auch wieder, warum ich eigentlich skate. Eine Zeit lang war es nur noch Filmen und Fotos und das ist nicht mehr das wirkliche Skaten für mich. Ich möchte das auch genießen und dann kann man auch Fotos machen, filmen gehen und einfach mit seinen Freunden Spaß haben. Nur wenn man das permanent macht, war es mir ein bißchen too much und da verliere ich dann den Spaß an der Sache. Man kann so auch keine neuen Tricks lernen oder was ausprobieren, wenn man weiß, dass man auf der Tour in wenigen Tagen eine bestimmte Menge abliefern muss, damit deine Bezahlung begründet ist… Mittlerweile lasse ich mir das gar nicht mehr bezahlen, ich fahre einfach hin und gucke. Wenn ich dann danach geile Footage habe frage ich, ob die mir was dafür zahlen. Wenn es nicht klappt, dann ziehe ich mir die Kultur in der Stadt rein und finde meinen eigenen Weg. Ich surfe auch voll viel gerade.

In Kiel?

Ja, genau. Ich bin gerade in Kiel und war vor Kurzem in Südafrika, da ist es natürlich perfekt zum Surfen. Ich habe total gefallen daran gefunden und glaube auch, dass es Einfluss auf mein Skaten hat. Dieser Flow–Charakter, den das Surfen hat, man hat ja permanent Speed und es ist so simpel, was man auf dem Surfboard macht. Das aufs Skateboard zu projizieren finde ich geil, weil es grade so einen Overload gibt an krassen Tricks. Ich kann da auch gar nicht mehr klar denken und schaue es mir nicht mehr richtig an. Dann lieber simpel skaten und das speziell machen, das was man fühlt mit reinbringen. Man verändert sich ja immer. Es kann auch nochmal einen Schubs geben, dass ich plötzlich Tech skate, auch wenn ich das nicht glaube. [lacht]

Beim COS Cup z.B. bist du auch nicht mehr im Rennen.

Damit habe ich abgeschlossen. Ich glaube ich könnte auch immer noch Contests gewinnen wenn ich Bock hätte, so ein paar Tricks muss man ja on lock haben und die dann runterrattern… Das Konzept ist es aber irgendwie nicht, worum es beim Skaten geht. Sich nur 60 Sekunden darzustellen und zu funktionieren. Skaten hat so viele geile Aspekte, was Kunst, Handwerk, Fotografie angeht, aber eben auch einfach Spaß zu haben mit seinen Freunden. In der Stadt kann man die Architektur nutzen. Ich habe aber auch voll Bock auf geile Skateparks und finde es scheiße wenn Leute sagen, sie fahren nur roughe Streetspots. Was Skateparks betrifft bin ich glücklich, dass es gerade einen Wandel gibt in Deutschland, mit ein paar Brands, die coole Skateparks planen.

Louis Taubert Interview

Du baust ja auch selbst mit Anker–Rampen Parks, oder?

Ja genau, ab und zu mache ich noch Planung. Wenn es halt passt, ich bin ja auch viel in Südafrika. Mit Pigeon Plan, das ist eine Menge Arbeit. Mein Studium habe ich gerade so ein bisschen auf Eis gelegt. Vier Semester habe ich es komplett durchgezogen, aber ich weiß nicht, ob ich in dieses normale System als Lehrer überhaupt reinpasse. Auf einmal habe ich mich total selbst verändert und war voll unsicher in meiner Persönlichkeit. Als Skater hinterfragst du ganz viel und dann musst du da wieder reinpassen. Ich kam da teilweise hin und habe mir gedacht: „Was reden die da vorne, ich finde das voll scheiße“. Vielleicht schaffe ich es mich nochmal aufzuraffen und mein Studium zu beenden, also auf jeden Fall bis zum Bachelor, aber ich lasse mich gerade ein bisschen treiben. Ich mache meine Projekte, was mich total ausfüllt. Es ist aber auch die Frage, ob ich damit so groß werden möchte. Das ist halt ein Herzensprojekt und ich möchte es nicht aus dem Beweggrund machen, selbst Geld zu verdienen. Du willst ja nicht die Armut der Anderen ausnutzen um Profit daraus zu schlagen. Meine Traumvorstellung wäre, wenn das Projekt einfach so weiterläuft und sich selbst finanzieren kann.

Du warst gerade mit Pigeon Plan in Südafrika und hast mit Inpeddo eine Kollabo, wie läuft es?

Auf jeden Fall cool. Ich war in Südafrika um die Institutionen wieder abzuchecken, bei denen wir Anfang des Jahres waren. Am geilsten war es im Township, die Kids haben sich so krass gefreut, dass ich gekommen bin. Es war auch krass zu sehen, wie sehr die sich verbessert und Spaß an der Sache haben. Das war voll das besondere Event für die. Das gibt einem so viel wieder, das kann man gar nicht mit Geld bezahlen.

"Das ist es irgendwie nicht, worum es beim Skaten geht. Sich nur 60 Sekunden darzustellen und zu funktionieren"

Du hast ja auch mal auf Facebook so eine Session gepostet…

Ja genau, das war da im Township, richtig geil. Wir hatten insgesamt 75 Boards und haben damit drei Institutionen beliefert und jetzt haben wir uns noch eine vierte mit ins Boot geholt. Die ist für die härtesten Straßenkinder der ganzen Region. Für die war Skateboarding richtig was Besonderes. Die waren jeden Tag am Start und sind so heftig geskatet. Eines der Kids stand das erste Mal auf dem Board und hat direkt in einer Woche Ollies gelernt. Ein anderes stand schonmal auf dem Board und hat Kickflips gezogen. Für die ist das ein Tool, aus dem ganzen Schlamassel rauszukommen. Das Krasseste war es für die, sich legal illegal auszudrücken. Ich habe von so einer Villa ein bisschen Holz geklaut und einen kleinen Kicker gebaut. Die haben gar nicht verstanden, dass ich das jetzt echt für die geklaut habe. So: „Krass, wie, du klaust?“.

„Das darf man doch nicht machen, man darf doch nicht klauen…“

Genau, das war der letzte Tag und so ein kleines Respekt–Ding ihnen gegenüber. Dass man zeigt, dass es okay ist, wenn man mal ein bisschen Scheiße baut. Was viele dort machen ist eben total dagegen anzugehen und die super krass zu disziplinieren, aber dann erreichst du sie halt nicht. Am Anfang kam einmal der Sheriff und die Kids haben noch nicht so richtig gehört. Er hat geschrien: „Alle hinsetzen“. Ich bin dann zu ihm rüber und habe erklärt, dass das erst der zweite Tag sei und es normal sei, wenn es da ein wenig chaotisch ist. Das sei mein Kurs und ich bekäme das schon hin. Der hat sich dann hingesetzt und uns zugeguckt und die waren dann immer sofort ruhig, wenn ich was gesagt habe, um mich zu supporten, weil ich mich gegen den Bullen aufgelehnt habe. Der ist dann auch abgehauen und nie wieder gekommen. Die Betreuer fanden es auch schön, dass es mal was Freies, weniger reglementiertes gab. Das hat jetzt aber echt nichts mehr mit meinem Part zu tun. [lacht]

Louis Taubert Interview

Aber mit dir! Ich habe es ja vorhin schon gesagt, dass ich lange nichts von dir gehört habe und jetzt kommt der Volcom Part, dann ist noch der Huf Clip erschienen – wie bist du auf Huf gekommen?

Ich war als Europa Teamfahrer mit den Amis auf DVS auf Tour. War mit Torey Pudwill und Daewon Song unterwegs, die keine Ahnung wie viel Tausend dafür im Monat bekommen und ich habe wirklich jede Demo Vollgas gegeben und mir wortwörtlich den Arsch aufgerissen, hatte sogar mein erstes Bild in der Transworld und das war natürlich auch für mich richtig geil. Dann aber zu sehen, dass es überhaupt keine Möglichkeiten gibt, ein bisschen weiter zu kommen, auch finanziell… Mein Travel Budget war richtig klein, fast weniger als beim Deutschland–Team und da habe ich mich dann gefragt, warum ich mir den Stress mit dem Euro–Team überhaupt mache. Ich habe nochmal gefragt, ob die sich ins Zeug legen und was machen, was die aber verneinten, sie hätten keine Möglichkeiten. Das war auch kein Problem, no offense, Paul Shier ist der absolute Hammer und war auch so ehrlich zu sagen, dass er das nicht machen kann, weil sie einfach nicht die Budgets haben. Dann hatte ich vier Monate keinen Schuhsponsor und hab ein paar Optionen gecheckt und dann kam quasi aus dem gleichen Haus, von Mosaic [Vertrieb der auch DVS in Deutschland vertreibt, Anm. d. Red.], ob ich mir vorstellen könnte, für Huf zu fahren? Ich arbeite ja auch schon ewig mit Phillip (Schmidt) zusammen und der ist total zuverlässig und sagt gleich, was möglich ist. Das Huf Team in Deutschland finde ich auch geil. Aber um nochmal auf Volcom zurückzukommen, für die fahre ich ja mittlerweile 13 Jahre. Die haben mich mit 13 auf einem Contest entdeckt. Ist echt eine lange Zeit und da gab es natürlich auch immer Veränderungen und ich hab das Gefühl, dass ich die mitgemacht habe. Bei jeder neuen Kollektion feiere ich die Sachen, die sie machen. Ich finde es auch cool, dass die Leute bei Volcom das geil finden, was ich mache. Die haben Verständnis, wenn ich ein paar Monate mit meinen Projekten unterwegs bin.

"Man kann sich das vorstellen, wie eine Minute lang eine Vert–Quarter zu droppen…"

Was steht nach dem Volcom Part an?

Ich bin wieder drei Monate in Südafrika. Dann fahre ich mit Huf zehn Tage nach Bangkok. Danach komme ich nach Deutschland zurück. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich wieder nach Berlin ziehe, oder nicht. Das ist gerade etwas in der Schwebe. Es kann gut sein, dass ich mich in Kiel niederlasse. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich nach Berlin muss um mit meinem Skaten weiterzukommen, aber da mache ich mir jetzt viel weniger Stress. Auch wenn Berlin eine coole Stadt ist, habe ich das Gefühl, dass ich mich gerade ein wenig davon weg entwickle. Seitdem ich da lebe, seit zwei Jahren, war ich auch nicht auf den ganzen Partys, den Contests, den Happenings. Ab und zu bin ich mal hin gegangen. Ich habe mich ein wenig zurückgezogen und mein eigenes Ding gemacht. Das ist mehr mit Spaß verbunden und nicht mit, „du musst den Part innerhalb von vier Wochen filmen, weil du so und so viel Geld im Monat bekommst“.

Hast du solche Ansagen denn mal gekriegt?

Ne, überhaupt nicht. Ich glaube, ich habe mir von alleine immer viel Stress gemacht und bin da auch ein sehr deutscher Arbeiter, der ein Ziel vor Augen hat und das dann auch durchzieht. [lacht] Die Sponsoren waren dann zufrieden mit dem, was ich von alleine gemacht habe. Contests abgegrast, überall hingeflogen. Ich möchte das auch echt nicht missen, es ist aber nicht mehr das, was mich heute mit Skateboarding verbindet. Das ist eher das Freiheitsgefühl, machen zu können, worauf man selbst Bock hat und sich ausdrücken zu können. Auch wenn es einem schlecht geht, kann man sich mit diesem Holzbrett ausdrücken.

Ich merke das auch wenn ich einen Text schreiben muss und nicht weiterkomme…

Dann nimmst du dein Skateboard…

…und nach zehn Minuten fällt mir was ein.

Ja, es ist total beruhigend. Fast wie Meditation. Beim Surfen auch. Es ist sogar bewiesen, dass du dabei die meisten Endorphine ausschüttest. Du arbeitest dabei mit der Natur, nutzt ihre Gewalten und hast eigentlich auch ein bisschen Schiss. Sobald du aber die Welle nimmst, das Gefühl ist so krass. Man kann sich das vorstellen, wie eine Minute lang eine Vert–Quarter zu droppen…

Louis Taubert Interview
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